So, Peety, hast du deinen Kaffee?
"Jepp, Alte, kann los gehen: erzähl - wie war datt mit dem Krankenhaus?"
Ja, mein Freund, wenn es nur das Krankenhaus gewesen wäre. Aber das war nur das Ende der Geschichte. Zumindest so weit, wie sie bis heute stattgefunden hat.
"Mach et nich so spannend, Alte!"
Geduld, Peety, Geduld.
Die musste ich auch haben. Aber erinnerst du dich noch an die alten Zeiten, in denen wir beide die Märchen neu interpretiert haben?
Nun, ich habe ein ganz persönliches neues Märchen erlebt. Nur das "und wenn sie nicht usw usw..." ist noch nicht geschrieben.
Aber der Start ist, wie in allen Märchen: "Es war einmal..."
Es erzählt nicht von Königen und nicht von Prinzessinnen. Aber ein Wolf kommt drin vor. Ein böser Wolf? Ein guter Wolf? Wer will das denn jetzt schon wissen?
In einer großen Stadt, nicht weit vom großen Fluß entfernt, lebte eine junge Frau. Sie war - es ist ein recht modernes Märchen - berufstätig und hatte keine Familie und keine Kinder zu versorgen. Daher fuhr sie jeden Tag viele, viele Kilometer mit dem Auto zur Arbeit. Doch immer wieder kam es vor, dass ihr unterwegs sehr müde wurde. Sie machte dann regelmäßig kurz Rast, um nicht am Steuer des Wagens einzuschlafen. Es wurde immer schlimmer. Doch die weisen Herren im weißen Kittel fanden keine Ursache für die Müdigkeit. Mit der Zeit verlor die Frau den Spaß an der großen Stadt. Die Energie des Lebens wurde gleichermaßen aus ihr heraus gesaugt. Es kam vor, dass ihr die vier Treppen zu ihrer hübschen Wohnung schier unüberwindbar schienen.
Sie fiel immer häufiger in tiefe Trauer, ohne dass es dafür einen Grund gegeben hätte. Doch die Ärzte sagen "Treiben Sie Sport!" "Ernähren Sie sich richtig!" - Die junge Frau tat, wie ihr geheißen.
Auf Dauer konnte das nicht gut gehen. Es kam der Tag, an dem sie mit dem Flugzeug in eine andere große Stadt reisen sollte, um dort ihren Beruf auszuüben. Auf dem Weg zum Flieger versagten ihr die Beine. Es ging keinen Schritt mehr vorwärts. Der Arzt meinte: "Das kommt vom Kopf!" Es gab starke Medikamente, damit der Kopf wieder gesund würde. Der hohe Blutdruck wurde ebenfalls durch Medikamente reguliert. Für die Ärzte war damit alles gut.
Die junge Frau wurde älter. Die große Stadt wurde lauter und hektischer. Der Beruf musste sich verändern - das Reisen war unmöglich geworden. Der Entschluss war gefaßt: Die hübsche Wohnung wurde verkauft, das Leben verändert. Es war wie im Märchen - sie zog in ein kleines, sehr heimeliges Dorf, in dem sie sich sofort wohl fühlte.
Ihr neues Zuhause wurde ein Haus, welches bereits das Mittelalter gesehen hatte. Viel Holz, viel Fachwerk, viel Naturstein und - viel Arbeit. Arbeit, die erfüllte und Arbeit, die sichtbare Früchte trug. Neue Energie schien in ihr zu keimen.
"-... jo Alte, so weit verstanden. Stadt schlecht - Land gut. Geht mir genau so. Hab' keine Böcke, mich platt fahren zu lassen, bin auch lieber inne Kapahten. Ausserdem kann man hier besser pennen!
Apropos: ich bin müde. Können wir morgen weiter machen?"
Oh, Peety, klar! Das machen wir wie Ajescha und der Sultan. Ich erzähle dir jede Nacht die Fortsetzung.
"Hä?? Watt denn für'n Sultan? Kenne den Typen nich...!"
☺ - der Sultan aus 1001 Nacht, Peety!
- to be continued -